Geschichte

Aus der Pfarrchronik

Aus katholischer Sicht sind Jettingen, Gäufelden und Bondorf Diaspora – heute schon mit 25% Katholiken, weit mehr als noch vor 50 Jahren. Damals lebten nur wenige Katholiken im Gäu. 1939 zählten die Teilorte der bisherigen Pfarrei Jettingen-Gäufelden zusammen kaum 40 Katholiken unter 3661 Einwohnern. In Bondorf war nur eine Familie katholisch. Geschichtlich gewachsen ist hier evangelisches Stammland, die „katholischen Gebiete“ begannen wenige Kilometer „hinter“ Tailfingen in Seebronn, Ergenzingen und Hailfingen.

Die Entwicklung in Jettingen-Gäufelden

Der Krieg brachte im Leben vieler Menschen einen besonderen Einschnitt: Die Vertreibung aus der Heimat. Für eine große Zahl von Vertriebenen war das Lager in Unterjettingen eine erste Anlaufstelle. Viele von ihnen waren katholisch. Die Volkszählung im Jahr 1950 errechnete bereits 1067 Katholiken unter 5217 Einwohnern, für die die Nagolder Geistlichen zuständig waren. Das Lager selbst wurde von einem eigenen Seelsorger betreut. Im Januar 1953 gründete man zur Entlastung der Nagolder Mutterpfarrei die „Katholische Seelsorgestelle Unterjettingen“ mit Pfr. Josef Smidl als Kurat. Zehn Jahre später, am 27.12.1962, wurde die Seelsorgestelle Unterjettingen zusammen mit Oberjettingen, Öschelbronn und Nebringen eine selbständige Pfarrei. Mit Erlass vom 20.12.1977 wurde die Pfarrei um Tailfingen erweitert.

Improvisation war in diesen ersten Jahren alles. Über ein Jahr „hauste“ Pfarrer Joseph A. Smidl in einem keine 10m² großen Raum im 1995 abgerissenen alten Pfarrhaus in Unterjettingen. Das vom Busunternehmer Paul Schulz im Jahr 1951 gebaute Haus mit Busgarage und zwei Wohnungen wurde 1954 an die Diözese Rottenburg verkauft. Ab diesem Zeitpunkt verfügte die junge Gemeinde über eine erste eigene Begegnungsstätte. Die Busgarage wurde zum Pfarrsaal umgebaut. Erste Feste fanden statt, Religionsunterricht wurde erteilt, Gruppen trafen sich. Das neue Haus war ein Anschub für das Leben der Gemeinde, die sich bis dahin im alten Schulhaus getroffen hatte.

In Jettingen feierten die Katholiken den Gottesdienst in der evangelischen Kirche, in Öschelbronn in einem Wohngebäude und in Nebringen im alten Schulhaus. Dort war eine „Josefskapelle“ eingerichtet worden. Mit ungeheurem Eifer betrieb Pfarrer Smidl den Bau einer eigenen Kirche. Seine Leidenschaft teilten zahlreiche Gemeindemitglieder und Handwerker. Und so konnte am 1. Juli 1956 in Unterjettingen die erste von inzwischen vier Kirchen unserer Gemeinde geweiht werden: St. Maria, Hilfe der Christen. Es folgte die St. Stephanus-Kirche in Öschelbronn im Jahr 1958.

Mit Beginn des Jahres 1962 war Pfarrer Nikolaus Stark als neuer Kurat ins Unterjettinger Pfarrhaus gezogen. Auch er mühte sich darum, die Pfarrei zur geistigen Heimat für die heimatvertriebenen Katholiken zu machen.

Das 2. Vatikanische Konzil brachte zahlreiche liturgische Veränderungen, die Pfarrer Stark auch baulich in den beiden bestehenden Kirchen umsetzte. Seine künstlerische Ader konnte er in der Ausgestaltung der 1965 geweihten Nebringer Kirche „Zum kostbaren Blut“ einbringen (Die Kirche musste aus baulichen Gründen abgerissen werden).

Nach sieben Jahren übergab Pfarrer Stark die Leitung an Pfarrer Wetzel, der bis 1991 für die Gemeinde zuständig war. In seiner Zeit wurden die Arbeiten am Gemeindehaus in Öschelbronn und die Planungen für die neue Nebringer Auferstehungskirche begonnen. Gemeindemitglieder hatten die Initiative für diese Bauwerke ergriffen.

Nach der Zeit von Pfarrer Wetzel suchte die Diözese einen pastoralen Neubeginn. In einem Modellprojekt der Diözese wurde Pastoralreferent Michael Elmenthaler als Gemeindeleiter eingesetzt. Nur die gottesdienstliche Versorgung ging von Herrenberg aus. Es sollte eine moderne Gemeinde werden, getreu den pastoralen Perspektiven der Diözese von 1997: „Gemeinde ist selbst Trägerin der Seelsorge“. Der Neuaufbruch gelang: Viele Menschen engagierten sich neu oder wieder, und ökumenisches Miteinander gelang. Die Gemeinde hatte sich mittlerweile auch von ihrer Sozialstruktur gewandelt: Katholiken waren nicht mehr nur Heimatvertriebene, sondern auch Familien, die durch den immer größer werdenden Industrieraum Stuttgart angelockt wurden, also Menschen aus ganz Deutschland und vielen anderen Staaten.

Der Aufbruch zeigte sich auch baulich: 1994 wurde die Nebringer Kirche „Auferstehung Christi“ geweiht und 1995 entstand in Jettingen ein neues Gemeindehaus und Pfarrhaus. 1997 vergrößerte sich die Gemeinde: Bondorf wurde Teil unserer Kirchengemeinde.

Ab dem Jahr 2000 entstanden die Seelsorgeeinheiten in unserer Diözese, mehrere selbständige Gemeinden arbeiten seitdem eng zusammen in einem Kooperationsverbund (hier: Kuppingen, Herrenberg und Jettingen-Gäufelden-Bondorf sowie eine italienische und eine kroatische Gemeinde). Die pastoralen Hauptamtlichen sind jetzt für alle drei Gemeinden zuständig (Pfarrer und Vikare, Pastoral- und Gemeindereferenten). Die Gemeinden sind aber weiterhin selbständig. Im Herbst 2000 und im Sommer 2001 verließen Pfarrer Knor Herrenberg und Pastoralreferent Michael Elmenthaler das Gäu. Seit März 2002 ist das ganze Pastoralteam Herrenberg, Kuppingen, Jettingen-Gäufelden-Bondorf für die ganze Seelsorgeeinheit zuständig, jedoch mit territorialen und pastoralen Schwerpunkten der MitarbeiterInnen. Für unsere Kirchengemeinde heißt das konkret: Gemeindereferentin Irmhild Sittard ist für Bondorf zuständig, Gemeindereferentin Simone Trapp für Gäufelden und Pastoralreferentin Angela Achi für Jettingen. Daneben gibt es arbeitsfeldspezifische Schwerpunkte.

Die Entwicklung in Bondorf

Auch in Bondorf siedelten sich die ersten Katholiken nach dem Krieg an. Die meisten Heimatvertriebenen hatten den Weg über das Lager Unterjettingen genommen und waren in die evangelischen Dörfer der Gegend eingewiesen worden. Mit den Heimatvertriebenen kam Pfarrer Joseph Sentner, der als “Heimatlosenseelsorger” die Seelsorgestelle Bondorf als Filiale von Hailfingen aufbauen sollte. Zur damaligen Seelsorgestelle Bondorf gehörte auch Öschelbronn und später Nebringen. Pfarrer Sentner, der bald den Beinamen „der Rucksackpriester“ erhielt, wanderte jeden Sonn- und Feiertag von Bondorf, wo er die erste Messe gelesen hatte, über Öschelbronn nach Nebringen, wo Gottesdienste, Haus-Kommunionen und Religionsunterricht auf dem Programm standen, bevor er abends in seiner Hailfinger Wohnung wieder ausruhen konnte. In Bondorf hatte die evangelische Kirchengemeinde ihre Remigiuskirche für die katholischen Messfeiern zur Verfügung gestellt.

1956 wurde Pfarrer Sentner durch Kurat Joseph Smidl abgelöst, der zu dieser Zeit bereits im Unterjettinger alten Pfarrhaus wohnte.

Im Mai 1957 kam Pfarrer Franz Eisele nach Hailfingen. Er hatte, da er selbst Heimatvertriebener war, von Anfang an gute Kontakte zu den Bondorfer Katholiken. Der Wunsch nach einem eigenen Gottesdienstort wurde laut. Nach 20 Monaten Bauzeit konnte die Kirche St. Johannes in Bondorf geweiht werden. Nach dem Tod von Pfarrer Eisele im Jahr 1978 übernahm Pfarrer Wilfried Seufer bis 1997 die Leitung der Gemeinde. Dann wurde Bondorf Teil der jetzigen Kirchengemeinde Jettingen-Gäufelden-Bondorf, zumal Kreisgrenze und Schulwege das nahe legten, und Hailfingen der Domgemeinde Rottenburg zugeordnet wurde.